Ist das NBP-Objekt eine soziale Plastik?
Es spricht viel dafür – nicht allein die Bewunderung, die Ricardo Basbaum für Lygia Clark und Joseph Beuys teilt. Denn das NBP-Objekt wird allein dafür hergestellt, dass es Basbaum unmittelbar nach der Fertigung aus der Hand gibt und durch die Gesellschaft wandern lässt. Er verabschiedet sich von seinem Werk, um anderen die weitere Gestaltung zu überlassen.
Der Empfänger hat für etwa einen Monat absolute Verfügungsgewalt. Er kann das Objekt mit Missachtung strafen oder mit sich herumtragen. Er kann damit Zimmer und Durchgänge blockieren oder es als Ablage oder Spielraum benutzen. Er kann es als Denkraum verwenden und in die leere Form Vorstellungen projizieren.
Gleichwohl wird das Objekt dadurch nicht automatisch zur sozialen Plastik. Denn dass man in ein Kunstwerk Vorstellungen projiziert, ist normal. Auch entstehen durch die Weitergabe nicht unbedingt soziale Beziehungen. Anders an dem Projekt ist vor allen Dingen, dass die Kreativität und der Spieltrieb der an der Aktion Beteiligten geweckt werden. Sie sind es, die dem Objekt wechselnde Bestimmungen geben müssen und mit ihm Rollenspiele absolvieren dürfen. Allerdings sollen die Veränderungen nicht nachhaltig sein. Denn bei der Übergabe an den nächsten soll wieder tabula rasa herrschen. Der Leerraum muss wiedergestellt sein.
Eine soziale Dimension gewinnt das Projekt dadurch, dass Basbaum aus der Ferne den Kreislauf der Objekte verfolgt, so als würde er wie ein Puppenspieler die Fäden in der Hand halten. Wohl kann er nicht beeinflussen, was der Einzelne mit dem Objekt anstellt. Doch indem er auf der Website nbp.pro.br die Teilnehmer dokumentiert und ihnen innerhalb seiner Choreografie Plätze zuweist, vollendet er auf der Internetebene sein Werk als eine Interaktion. Der Startteilnehmer wird zum Punkt, aus dem heraus sich die Umrisse für eine Zirkulation in Form des Objektes entfalten. So werden die Mitspieler Teil eines Beziehungsgeflechts, das Basbaum sichtbar macht und das die Grundform seines Objekts als die ultimative Gestalt erscheinen lässt.